Kupfer- oder Hormon-Spirale, Vaginalring, Anti-Baby-Pille, Verhütungsstäbchen, Verhütungspflaster, Depotspritze, NFP, Scheidendiaphragma, Portiokappe, chemische Verhütungsmethoden, usw.. Für Frauen gibt es vielfältige Möglichkeiten der Verhütung auf dem Markt, wie du auch im Artikel unseres Experten Dr. med. Konstantin Wagner nachlesen bzw. in seinem YouTube Kanal nachschauen kannst. Wie aber sieht das für Männer aus?
Schauen wir uns zusammen an, wie ein Verhütungsmittel für den Mann überhaupt wirken kann:
Auf der einen Seite gibt es die sogenannten Barrieremethoden, das heißt, das Verhütungsmittel verhindert, dass Spermien die Eizelle erreichen können (z. B. Kondom und Vasektomie (=operativer Eingriff zur Durchtrennung der Samenleiter im Hoden))
Die zweite Möglichkeit ist, durch Medikamente oder Hilfsmittel die Bildung von Spermien zu beeinflussen bzw. komplett zu verhindern (experimentelle hormonelle und nichthormonelle Methoden)
Barrieremethoden: Kondom und Vasektomie
Das Kondom sammelt Punkte durch seine leichte Verfügbarkeit in Drogerie, Supermarkt, Apotheke oder auch aus dem Automaten der Toilette in der Disco bei gleichzeitig relativ geringen Kosten von durchschnittlich 0,50 - 0,60 € pro Kondom je nach Packungsgröße. Zudem ist es das einzige Verhütungsmittel, das nicht nur ungewollte Schwangerschaften verhindert, sondern zusätzlich auch noch das Risiko für Geschlechtskrankheiten senkt. Ein Nachteil des Kondoms ist, dass die Sicherheit der Verhütung von der richtigen und zuverlässigen Anwendung der Anwender*innen abhängig ist. Dadurch ergibt sich auch der eher mäßige Pearl Index (=Anzahl der Schwangerschaften pro 100 Frauen pro Jahr) von 2-12. Für Einige stellt der mangelnde „Komfort“ oder die situationsabhängige Unterbrechung einer romantischen Situation einen weiteren Nachteil dar.
Die Vasektomie hingegen ist ein kleiner operativer Eingriff, bei dem meist ambulant und in örtlicher Betäubung die Samenleiter auf beiden Seiten mit Hilfe jeweils eines kleinen Schnittes am Hodensack durchtrennt werden. Vorteil der Methode ist die hohe Verhütungssicherheit (Pearl-Index 0,1) und eine geringe Rate an Komplikationen nach der Operation (selten Infektionen, (chronische) Schmerzen nach der Operation). Kostenmäßig muss für den Eingriff mit etwa 500 € gerechnet werden. Männer, die sich für diese Methode entscheiden, sollten aber in jedem Fall bedenken, dass eine Wiederherstellung der Fruchtbarkeit nicht garantiert werden kann.
Nun haben wir die beiden Alternativen für den Mann angeschaut. Da kommt zwangsläufig der Gedanke auf: war das alles? Da muss doch noch mehr gehen. Wir können sagen, ja da geht noch was, aber leider nichts, was tatsächlich im Alltag von Paaren Anwendung finden kann.
Hormonelle Verhütungsmittel: „Pille für den Mann“
Analog zur Anti-Baby-Pille für die Frau gibt es Bemühungen ein hormonelles Verhütungsmittel für Männer auf den Markt zu bringen. Hierbei bedient man sich der Tatsache, dass Testosteron die Ausschüttung von LH (=Luteinisierendes Hormon) und FSH (=Follikelstimulierendes Hormon) aus der Hirnanhangsdrüse (=Hypophyse) durch eine sogenannte negative Rückkopplung unterdrückt. LH und FSH wiederum sind die Botenstoffe, die im Hoden das Signal für die Produktion der Spermien geben. Niedrige Konzentrationen von LH und FSH sorgen also dafür, dass deutlich weniger, bis keine Spermien produziert werden.
Durch die Anwendung von Testosteron allein als wöchentliche oder monatliche Depot-Spritze konnte allerdings keine vollständige Unterdrückung der Spermien-Produktion erreicht werden, sodass auch die Kombination von Testosteron mit verschiedenen Gestagenen wie zum Beispiel Levonorgestrel ausprobiert wurde. Auch hier konnte keine vollständige Unterdrückung der Spermienbildung und damit entsprechende Sicherheit des Verhütungsmittels erreicht werden bei zudem noch unbekannten langfristigen Nebenwirkungen, sodass es bislang keine hormonelle Verhütungsmethode für den Mann gibt. Dennoch zeigen Umfragen, dass sowohl Männer ein hormonelles Verhütungsmittel anwenden als auch Frauen ihrem Partner vertrauen würden, es zu verwenden.
Nichthormonelle medikamentöse Methoden
Bei den nichthormonellen Methoden wird derzeit noch geforscht und bislang wurde keines der hier genannten Kontrazeptiva an Männern getestet.
Da gibt es beispielsweise Adjudin, eine Verbindung, die die Produktion von Spermien im Hoden blockiert, ohne die Hormonspiegel von Testosteron, LH oder FSH im Blut zu beeinflussen.
Auch Ansätze, die Vitamin A und seine aktive Form die Retinsäure, die eine Rolle bei der Spermienbildung spielt, in den Blick nehmen, sind mögliche Angriffspunkte für ein nicht-hormonelles Verhütungsmittel.
Blick in die Zukunft
Zum Abschluss wird es nochmal richtig interessant und innovativ, quasi ein Blick in die Zukunft, was kommen könnte.
Zwei neue Ideen, die ähnlich wie die Vasektomie, allerdings leichter wieder umkehrbar, einen Verschluss des Samenleiters als Wirkmechanismus haben, sind RISUG® (Reversible Inhibition of Sperm Under Guidance) oder Bimek SLV (auch bekannt als „the sperm switch“) des deutschen Tischlers Clemens Bimek. Ja du hast richtig gelesen, Bimek ist gelernter Tischler.
Bei RISUG® wird ein Polymergel in den Samenleiter gespritzt, was diesen verschließt, sich aber durch Einbringen des entsprechenden Lösungsmittels wieder auflösen lässt.
Das Bimek SLV ist ein Ventil in der Größe einer Büroklammer, dass in die Samenleiter eingebaut, dafür sorgen soll, dass Mann mit Hilfe eines kleinen am Hodensack ertastbaren Schalters den Fluss von Spermien in das Ejakulat ein- und ausschalten kann. Als Fun Fact kann hier erwähnt werden, dass Simek bisher der Einzige ist, der sein Ventil trägt, aber auf der Suche nach Probanden für eine Studie ist.
Eine weitere innovative Idee ist COSO (Contracepion Sonography), ein kleines stylisches Gerät, das bequem zuhause anwendbar ist. Es wird einfach mit Wasser befüllt, die Hoden hineingelegt und anschließend der Ultraschall für wenige Minuten gestartet. Der Ultraschall erzeugt im Hodengewebe Tiefenwärme, was bei regelmäßiger Anwendung die Neubildung von Spermien temporär unterdrücken soll.
Zwei weitere Methoden aus der Kategorie der thermalen Verhütung, die sich ähnlich wie COSO den Umstand zu Nutze machen, dass die Spermienbildung eine Temperatur unterhalb der normalen Körpertemperatur benötigt, sind der Thermo-Slip und der Andro-Switch-Ring einer Gruppe aus Frankreich. Hierbei trägt der Mann täglich für etwa 15 Stunden einen speziellen Slip mit einer Öffnung an der Vorderseite, durch die der Penis hindurchgeführt wird bzw. einen Ring, der um den Penis gelegt wird. Die Hoden werden dann durch vorsichtiges Ziehen am Hodensack in die Leistenkanäle geschoben, was zu einer Erhöhung der Temperatur in den Hoden um etwa 2 Grad führt. Dadurch kommt es zu einer Hemmung der Spermienbildung und einer wesentlich verringerten Konzentration von Spermien in der Samenflüssigkeit.
Alles in allem kann man sehen, dass es noch viel Raum und Bedarf für Verhütungsmethoden für den Mann gibt. Schaut auf jeden Fall in das YouTube Video unseres Experten Dr. med. Konstantin Wagner zum Thema rein, dort gibt es noch mehr Infos.
Quellen:
Instagram: @the_sperm_switch
@coso.contraception
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