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AutorenbildDr. Konstantin Wagner

"Welcher Geburtsort ist der richtige?"

Wo möchten wir entbinden, wo soll unser Kind auf die Welt kommen?

Reizt uns der romantische Gedanke einer Hausgeburt, möchten wir die Sicherheit der Klinik, oder vielleicht ist das Geburtshaus ein guter Mittelweg für uns?

Ich möchte ganz offen sein: als Arzt in einer Klinik der Maximalversorgung bin ich natürlich nicht zur Gänze unvoreingenommen. Bei uns gibt es viele wundervolle Verläufe und Geburten, aber natürlich kommen in eine solche Klinik auch unschöne Verläufe, Notfälle und andere Schicksale. Ich verspreche jedoch im Folgenden Vorzüge und Nachteile der einzelnen Institutionen so neutral und wertfrei zu beschreiben wie irgend möglich.


Die gemeinsame Romanze - die Hausgeburt:

Gewohnte Gerüche, gewohnte Umgebung, geliebte Menschen, die sich um mich kümmern und mich betreuen. Unter Wehen darf ich fluchen, schreien, zweifeln, zetern. Hier kennt man mich, hier ist mir das egal. In der Wehenpause ein Schluck aus der Lieblingstasse. Ich spüre das Köpfchen bereit und sammle Kraft für die letzte Wehe. Dann ist es überstanden, das pure Glück. Ich halte dieses wunderschöne Geschöpf in den Armen. Es ist so klein und hilflos, so wunderschön warm und riecht nach Leben. „Hier ist dein zuhause, hier wirst du groß“ Er steht neben mir und küsst mir die Stirn, versucht seine Emotionen zu bändigen. Ich merke seine Tränen auf meiner Stirn und wie seine kaltschweißigen Hände zittern. „Alles ist gut. Wir drei haben es geschafft“ flüstere ich und denke ...“und was wäre passiert, wenn...“

Wenn man sich für eine Hausgeburt entscheidet sollte man sich zuvor informieren, reden, absprechen und einen Plan B im Hinterkopf haben. Statisitisch gesehen sind Hausgeburten sehr sicher. Im Vorfeld wird geschaut, ob Risiken vorliegen. Die zuständige Hebamme macht mitunter die Vorsorge und weiß das Risikoprofil einzuschätzen. Ein Plan B ist dennoch nicht verkehrt. Eine Geburt kann wie von selbst gehen und als die einfachste Sache der Welt erscheinen, aber sollte es irgendwo „hängen“ und nicht so laufen wie gedacht, braucht man Lösungen.


Der Mittelweg – das Geburtshaus

Geburtshäuser sind meist von Hebammen geleitete und geführte Einrichtungen, welche sich explizit von Kliniken abgrenzen und eine fachlich geführte Geburtshilfe anbieten. Sollte einem also die Klinik zu anonym und zu sehr ... einfach Krankenhaus sein, das Zuhause aber zu riskant und beängstigend, sollte man sich einmal nach guten Geburtshäusern umschauen. Manche Geburtshäuser haben sogar die Möglichkeit CTGs, also die kindlichen Herztöne abzuleiten. Wenn man unter Geburt also unsicher, verängstigt und rastlos wird, oder die Geburt mal ins stocken gerät, hat man erfahrene Ansprechpartner um sich, die eine betreuen und einen Plan machen können. Jedoch gilt auch hier: sollte es unter Geburt Kind und/oder Mutter akut schlechter gehen, oder es nach Geburt zu extrem starken Blutungen kommen, wo jede Minute zählt, kann der Weg zu Klinik sehr lang werden. Man sollte sich also auch hier die oben beschriebene Rechnung nochmal genau überlegen.


Sterile Sicherheit – die Klinik

Steril, anonym, überarbeitetes Personal, ich mag einfach keine Krankenhäuser. Aussagen, die wir natürlich täglich hören und die ich persönlich nachvollziehen kann.

Die Geburt eines Kindes ist eine unglaubliche und einzigartige Momentaufnahme im Leben zweier Menschen. Ein Moment, der zum einen herbeigesehnt und doch mit ängstlicher Erwartung gegenübergestanden wird. Ein Moment, der unwiederbringlicher ist als andere Momente im Leben einer Frau. Ein Moment, an den man im Laufe seines ganzen Lebens erinnert wird. Und ich finde, man soll sich gerne erinnern. Man soll lächeln, schmunzeln und seinem Kind eines Tages davon erzählen können, ohne das sich einem der Magen verkrampft.

Ich möchte es gar nicht beschönigen. In einer großen Klinik wie wir es sind, gebiert man bei über 2300 Geburten im Jahr als eine unter vielen. Unsere Aufgabe ist es, jede Frau mit derselben Hingabe und Aufmerksamkeit zu betreuen, als sei und bleibe sie die Erste und Letzte im Jahr. Ich kann nicht für alle Geburtskliniken in Deutschland sprechen, jedoch ist bei uns genau das der Anspruch.

Es ist zwar nicht das eigene Wohnzimmer, aber unserer Kreißsäle sind so komfortabel und wohnlich wie ein Kreißsaal sein kann. Eine Frau unter Geburt ist bei uns Protagonistin des Stücks und hat absolute! Priorität. Alles andere kann, soll und muss warten.

Hebammen, Ärzte, Servicekräfte betreuen einen die ganze Geburt über und als Gebärende hat man stets die Gewissheit in sicheren und guten Händen zu sein. Die maximale Kompetenz und Sicherheit bietet natürlich eine Klinik mit Kinderintensivstation. Sollte es wirklich zu Komplikationen kommen, wird es in einer solchen Klinik Lösungen und Wege geben, um Mutter und Kind bestmöglich zu versorgen. Hier erkauft man sich also ein absolutes Sicherheitsnetz für Mutter und Kind mit Weißkitteln und Krankenhausessen.

Übrigens bieten viele Geburtskliniken auch ambulante Geburten an.

Abschließend muss man sich also den Preis überlegen, den man bereit ist zu zahlen.

Ich persönlich habe viele Geburten begleitet und viel erlebt, trotzdem würde ich mich jederzeit für eine Geburt in einer Klinik der Maximalversorgung mit Neonatologie entscheiden. Nicht weil ich Werbung für Geburtskliniken betrieben möchte, sondern weil mir die Sicherheit meiner Familie mehr Wert ist als alles andere auf der Welt.

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