Kurz zu den Facts:
Brustkrebs ist der häufigste Krebs der Frau
Brustkrebs ist die häufigste Krebstodesursache der Frau
Brustkrebs ist die fünfthäufigste Krebstodesursache insgesamt
Statistisch erkrankt jede 8. Frau in Deutschland an Brustkrebs
Ergo: Brustkrebs ist häufig und wirklich ernst zu nehmen!
Wie entsteht eigentlich Brustkrebs?
Krebs entsteht nicht über Nacht und benötigt meist viele Jahre bis er "erkannt" wird. Es sind viele Fehler auf molekularer Ebene nötig, dass eine Brustdrüsenzelle ungebremst und invasiv zu wachsen beginnt. Risikofaktoren sorgen dafür, dass solche Fehler wahrscheinlicher werden. Folgende Risikofaktoren sind bekannt:
Hormone
Die weiblichen Geschlechtshormone sind oft Angriffspunkt bei Brustkrebs. Ein langer hormonell aktiver Zeitraum: Frühe Pubertät und späte Wechseljahre, keine/wenige Schwangerschaften, späte erste Geburt, keine/kurze Stillzeit („Nonnenkarzinom“ ) sind genauso als Risikofaktor zu werten wie eine Hormontherapie (z.B. in den Wechseljahren). Die "Pille" zur Verhütung ist möglicherweise auch - wenn auch sehr geringer - Risikofaktor. Hier kommt es vor allem auf die Länge der Einnahme ein, da sich nach absetzen das Risiko wieder zur Normalbevölkerung anzugleichen scheint.
Die Gene
Wir haben viele Gene, die dafür da sind Schäden und Fehler auf der DNS zu reparieren. Sind diese Reparaturgene kaputt, gibt es keine DNS Reparatur. Fehler häufen sich und können zur Entartung der Zelle führen. Solche kaputten Reparaturgene können vererbt werden. Bekanntestes Beispiel sind die BRCA1-, BRCA2- oder PALB2-Gene. Darüber hinaus gibt es sicher auch noch einige unbekannte funktionslose und vererbbare Gene, die wir noch nicht identifiziert haben und gerade bei jungen Frauen unter 40 Jahren beteiligt sind.
Sonstige Risikofaktoren
Höheres Alter
Hohe Brustdichte
Diabetes mellitus Typ 2
Hoher Alkoholkonsum
Nikotinabusus
Geringe körperliche Aktivität
Schlafmangel (insb. Schichtarbeit)
Wie verhindere ich Brustkrebs?
Prävention ist das Stichwort. Es gar nicht erst dazu kommen lassen oder sehr früh erkennen. Dafür hat sich der Gesetzgeber überlegt, dass Frauen ab dem 30. Lebensjahr Anspruch auf die Tastuntersuchung durch die Frauenärztin haben. Ab dem 50. und bis zum 69. Lebensjahr kommt dann noch alle zwei Jahre eine Mammographie, also ein Röntgenbild der Brüste dazu. Ich persönlich taste auch schon ab dem 20. Lebensjahr die Brüste meiner Patientinnen ab, auch wenn es nicht vorgeschrieben ist. Das muss aber jede:r Gynäkolog:in für sich entscheiden.
Ein wichtiger Punkt ist die Selbstuntersuchung der Brust! Wie das genau funktioniert, wie oft und wann man die Untersuchung macht, erkläre ich in einem anderen Blogbeitrag.
Brustkrebs benötigt in den meisten Fällen mehrere Jahre bis er die Größer einer Haselnuss hat. Frau (und oder Mann) sollte also hinfassen, fühlen, tasten! Regelmäßig und standardisiert.
Ein Ultraschall der Brustdrüsen, also eine sehr kostengünstige, beinahe überall vorhandene und sehr genaue Untersuchung ist übrigens keine Routineleistung. Über die Unsinnigkeit lässt sich eigentlich nicht streiten. Hier sollte das deutsche Gesundheitssystem nochmal ernsthaft drüber nachdenken. Deswegen empfehlen viele Frauenärztinnen bereits ab dem 30. Lebensjahr eine jährliche ultraschallgestützte Brustkrebsvorsorgeuntersuchung wahrzunehmen. Die Kosten liegen hier zwischen 30 € und 90 €. Ob dieser jährlicher Betrag finanziell stemmbar und die eigenen Gesundheit wert ist, muss dabei jeder Mensch für sich entscheiden.
Wie bemerke ich Brustkrebs?
Schmerzen, Spannungsgefühl und kleine weiche Knötchen bereiten Mädchen und Frauen häufig große Sorgen. Oft sind solche Beschwerden, gerade wenn sie beidseits, also symmetrisch auftreten, durch den Zyklus und hormonell bedingt. Hier gilt die Devise: Ruhe bewahren, Stelle merken und zwei Wochen später nochmal in Ruhe tasten. In den meisten Fällen ist die betroffene Stelle jetzt wieder weicher und nicht mehr so schmerzhaft.
Brustkrebs tut selten weh. Er ist selten symmetrisch und meist nicht weich, sondern hart.
Eine unscharf begrenzte, ggf. druckunempfindliche Verhärtungen, die wenig oder gar nicht mit den Fingern verschieblich ist.
Hauteinziehungen, Hautödem, bleibende Rötungen
Entzündlich veränderte Haut (inflammatorisches Mammakarzinom)
Orangenhaut (Peau d'orange)
Mamillenretraktion, Entzündung und Sekretion aus den Mamillen
Größenveränderung der Brust, Asymmetrie zur Gegenseite
Vergrößerung der axillären und/oder supraklavikulären Lymphknoten
Ist jeder Knoten = Brustkrebs?
Nein. Das Brustgewebe hat sehr viele hormonelle Rezeptoren, ist also hormonell aktiv. Gerade um den Eisprung oder kurz vor der Periode können meist schmerzhafte Knoten getastet werden. Sehr oft kommen sie nur einseitig vor, manchmal auch symmetrisch an beiden Brüsten. Daher ist die regelmäßige Selbstuntersuchung derart wichtig. Damit man ein Gefühl für die eigenen Veränderung bekommt. Nicht selten ertasten Frauen erst dann intensiv die Brust, wenn Schmerzen oder Brustspannen Beschwerden machen und sind dann entsprechend verunsichert, wenn sie hormonell aktives Drüsengewebe als Knoten fühlen.
Bedeutet Brustkrebs automatisch Chemotherapie?
Nein. Es gibt verschiedene Eigenschaften von Krebs. Allen ist gemeinsam: sie wachsen invasiv, was bedeutet, dass sie gesundes Gewebe verdrängen und durchbrechen. Die Art der Aggression bei diesem Vorgang ist ein Marker um Brustkrebs zu klassifizieren (Grading). Außerdem wird der Brustkrebs molekular untersucht ob er hormonabhängige oder hormonunabhängige Eigenschaften hat (Histologischer Typ und Immunhistologie). Ist er hormonabhängig, gibt es Medikamente, die hier auch ohne Chemotherapie diese Hormonrezeptoren blockieren können. Auch auf die Größe, die Streuung oder Befall der Lymphknoten wird geachtet. Ist der Krebs schon sehr groß oder hat er gestreut, kann es sinnvoll sein vor einer Operation Chemotherapie zu geben (pTNM-Status). Ziel ist immer den Krebs operativ komplett aus dem Körper zu entfernen, was heutzutage in den meisten Fällen brusterhaltend funktioniert.
Wann bin ich genetisch belastet?
Rund 30% aller Frauen mit einem Brustkrebs in Deutschland weisen eine familiäre Belastung für Brustkrebs auf und erfüllen die Einschlusskriterien für eine genetische Untersuchung und eine intensivierte Vorsorge. Viele Gynäkolog:innen ziehen diese Kriterien auch als Einschlusskriterien für den durch die Krankenkassen gezahlten Brustultraschall heran.
Dies trifft laut Leitlinie zu, wenn in einer Linie der Familie
• mindestens 3 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind
• mindestens 2 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind, davon 1 vor dem 51. Lebensjahr
• mindestens 1 Frau an Brustkrebs und 1 Frau an Eierstockkrebs erkrankt sind
• mindestens 2 Frauen an Eierstockkrebs erkrankt sind
• mindestens 1 Frau an Brust- und Eierstockkrebs erkrankt ist
• mindestens 1 Frau mit 35 Jahren oder jünger an Brustkrebs erkrankt ist
• mindestens 1 Frau mit 50 Jahren oder jünger an bilateralem Brustkrebs erkrankt ist
• mindestens 1 Mann an Brustkrebs und eine Frau an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind
Ist die Mammographie (Röntgenbilder der Brüste) nicht auch ein Krebsrisiko (Strahlung)
Die Strahlenbelastung durch eine Mammographie liegt deutlich unter der natürlichen gleichartigen Strahlung der Umwelt, der jeder ausgesetzt ist. Auch bei wiederholten Mammographien ist nicht mit einem erhöhten strahlenbedingten Krebsrisiko zu rechnen.
Außerdem: Die Empfindlichkeit der Brustdrüse gegenüber Strahlenbelastung nimmt mit steigendem Alter ab und ist für Frauen zwischen 50 und 69, für die das Mammographiescreening vorgesehen ist, minimal.
Kann man während der Stillzeit die Brust untersuchen?
Ja. Idealerweise wurden die Brüste kurz vorher entleert. Natürlich ist die stillende Brust praller und empfindlicher, aber dennoch kann das Abtasten der Milch produzierenden Brüste sinnvoll sein, gerade wenn lange gestillt wird. Wenn eine Frau drei Jahre stillt erhält sie sonst drei Jahre keine Brustkrebsvorsorge. Auch der Ultraschall ist anspruchsvoller, kann aber z.B. bei familiären Risiko sinnvoll sein.
Große Brust = großes Risiko?
Wo viel Gewebe ist, sind auch mehr Zellen die potenziell entarten können. Eine dichte Brust ist somit ein unabhängiger, aber moderater Risikofaktor für das Auftreten von Brustkrebs.
Ist Brustkrebs heilbar?
JA!! Darum ist die Vorsorge wichtig. Je früher er erkannt wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er entfernt werden kann aus dem System. Die Prognose wird umso schlechter je mehr schon genannte Risikofaktoren zusammen kommen. Hormonrezeptor und Antikörperrezeptor negative, aggressive, gestreute und große Tumor haben eine schlechtere Prognose. In den letzten Jahren hat sich die Prognose aufgrund der Einführung der Früherkennungsverfahren und der besseren multimodalen Therapieoptionen in allen Stadien stark verbessert.
Gesamtüberleben: 5-JÜR: 88% (♀) bzw. 77% (♂) / 10-JÜR: 82% (♀) bzw. 65% (♂)
Comments